Die Bastfaserfabrik


Reste der Bastfaserfabrik

Auf dem Gelände der ehemaligen Bastfaser GmbH in Fehrbellin stehen heutzutage lediglich noch wenige Ruinen. Diese Fragmente der ehemaligen Fabrik sehen für einen Unwissenden nach einem gewöhnlichen, stillgelegten Industriegebiet aus, doch der Schein trügt.



Die Bastfaser als neues Leinen

"Bastfaser" ist ein Oberbegriff für verschiedene aus Pflanzenstängeln gewonnene Naturfasern wie Flachs, Hanf oder Jute [1]. Aufgrund der Festigkeit und der höheren Elastizität im Gegensatz zu Leinen wurde die Hanf- und Flachsproduktion im Zuge der nationalsozialistischen Autarkiepolitik wiederentdeckt. Mit einem speziellen Verfahren wurde aus den langen Hanffasern ein kurzfaseriger hochwertiger Baumwollersatz hergestellt, der dann für die Produktion von Zelt- sowie Lkw-Planen, Fallschirmgurten und anderen strapazierfähigen Grobtextilien für die Rüstungsindustrie genutzt wurde.


Die Geschichte der Bastfaser GmbH

Die Bastfaser GmbH wurde 1935 in Wuppertal von verschiedenen Textilfabrikanten gegründet [2]. Im Jahre 1937 wurde das Hanfwerk Rhinow/Mark [3] errichtet und im darauffolgenden Jahr wurde die Landwirtschaftliche Hanfanbau- und Verwertungsgenossenschaft Rhinluch [4] in Fehrbellin von der Bastfaser GmbH übernommen. Am 01. 04. 1940 wurde die Firmenzentrale von Wuppertal nach Fehrbellin verlegt, da dort das wichtigste Anbaugebiet lag [5]. Die Hauptproduktionszweige waren die Hanf- und Flachsentholzung, die Flachsröste, die Hanf- und Flachsschwingerei sowie das Flockenbastwerk [6]. Fast alle Arbeitsschritte erfolgten im Betrieb, lediglich das Spinnen musste außerhalb des Geländes erfolgen. In der Nähe des Werkes hatte sich 1942 das Arbeitserziehungslager angesiedelt, das einen Teil der Arbeiterinnen stellte. Die Häftlinge des AEL Fehrbellin arbeiteten in 12-Stunden-Schichten in der Fabrik, dafür musste die Bastfaser GmbH Löhne an die Gestapo entrichten. Die Bastfaser GmbH expandierte 1943, da sie aufgrund der Autarkiepolitik bei verschiedenen Reichsstellen Interesse erweckt hatte und relativ billige Arbeiterinnen beschäftigte. 1944 war Fehrbellin mit 700 Arbeitskräften der größte Betrieb im sogenannten Röstring Nordost. [7] Obwohl der Betrieb durch Reichssubventionen unterstützt wurde, gelang es auf finanzieller Ebene nicht mit der traditionellen, billigeren Zellwolle mitzuhalten. Dieses änderte sich jedoch teilweise durch die Ausbeutung der in Osteuropa besetzten Gebieten, da die Deutschen nun an billige Rohstoffe gelangten.