Fehrbellin heute - eine unscheinbare Gemeinde?

Der kleine, verschlafene Ort Fehrbellin liegt im Kreis Neuruppin, nördlich von Berlin. Wenn mensch nichts ahnend nach Fehrbellin fährt, könnte er/sie denken, dass dies eine gewöhnliches Gemeinde ist, mit gepflegtem Rasen, geharkten Wegen und grasenden Kühen.

Das Gelände des ehemaligen AEL heute.

Am Rande des kleinen Städtchens befinden sich ein verkommenes Industriegebiet, große Felder und alles ist eigentlich wie überall. Fehrbellin ist vielleicht ein kleiner Ort auf dem Land, es hat jedoch dafür eine - zum Teil - bekannte Geschichte. Fragt mensch irgendjemanden nach der Vergangenheit Fehrbellins, so wird er/sie höchst wahrscheinlich etwas über die Schlacht zwischen Brandenburg und Schweden 1675 erfahren, die in der örtlichen Chronik sowie am Denkmal dokumentiert ist. Doch es gibt noch weitere - weniger bekannte - Ereignisse in der Geschichte Fehrbellins. In der Vergangenheit gab es in der Nähe der Bastfaserfabrik ein Arbeitserziehungslager (AEL), speziell für Frauen. Dieses wird in der Ortschronik nicht erwähnt, ebenso fehlt die gesamte Zeit des Nationalsozialismus.

Anfang des Jahres 2004 wurden die Überreste der vermutlich letzten Häftlingsbaracke abgerissen. Zuvor wurde erfolglos versucht die Baracken des AEL anhand von Berichten ehemaliger Häftlinge unter Denkmalschutz zu stellen. Die Zeitzeugin Maria Andrzejewska besuchte mit Historikern aus Berlin bereits schon vor einigen Jahren Fehrbellin und bezeugte, dass dies die echten Baracken wären. Auch sprach sie mit Jugendlichen der Gesamtschule Fehrbellin. Lediglich die ehemaligen Kommandanturhäuser, welche mittlerweile bewohnt sind, erinnern heute an das AEL. Für Unwissende ist nicht erkennbar, wofür die Häuser früher genutzt wurden.

Das Gelände des ehemaligen AEL heute

Obwohl der Journalist Christian Kranz von der lokalen Zeitung schon einige Male über das AEL berichtet hatte, wollten sich lange Zeit nur wenige Bewohner mit dieser Geschichte beschäftigen. Die Mehrheit stellte sich unwissend und blendete eine Verwicklung mit den damaligen Geschehnissen aus. Daher ist es nicht verwunderlich, dass bisher kein Gedenkort bzw. -stein für die Opfer des AEL Fehrbellin geschaffen wurde.

Doch seit kurzer Zeit kommt Bewegung in die Gemeinde. Im Dezember 2004 fand eine erste öffentliche Veranstaltung in der Stadtbücherei in Fehrbellin statt. Zusammen mit dem Historiker Cord Pagenstecher diskutierten Bewohner und Bewohnerinnen offen über das Lager. Erinnerungen, die bisher höchstens in den Familien ausgetauscht wurden, kamen an die Öffentlichkeit. Kurz danach beteiligten sich Jugendliche aus der Gemeinde an einem Seminar, das den Beginn für das Projekt "Zeitzünder" markierte. Hier ist geplant, z. B. durch die Befragung von Einwohnern, genauere Erkenntnisse über das Arbeitserziehungslager zu bekommen. Vielleicht gelingt es nun bald, eine angemessene Form des Gedenkens für die ehemaligen Häftlinge zu finden.