"... Berlin: Seit dem 1. Mai besteht ein Verbot für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Erlaubnis haben nur:
Leute, die zur Arbeit fahren u. einen Weg von mehr als 7 km haben oder krank sind.
Schulkinder, die einen Weg von 5 km haben oder krank sind.
Ärzte, Krankenschwestern und Konsulenten. |
Judenbannbezirke in BerlinAb dem 5. Dezember 1938 durften Juden die hier in der Karte gekennzeichneten Plätze, Gebäude, Straßen und Parkanlagen weder betreten noch befahren. |
Der Literaturwissenschaftler Max Herrmann arbeitete an einem Buch über die Entstehung der berufsmäßigen Schauspielkunst. Bald durfte der Gelehrte, der "Halbjude" war, die Universitätsbibliothek nicht mehr benutzen. Dann wurde ihm der Zutritt zum Lesesaal der Staatsbibliotlhek verboten, er erhielt wenigstens die "Sondervergünstigung" Bücher entleihen zu dürfen. Zuletzt durfte er nur noch stehend an Ort und Stelle, in der Ausleihe der Bibliothek, Einsicht in die Bücher nehmen, bis auch das wegfiel und er auf sein Gedächtnis oder heimlich von Freunden besorgte Bücher, Abschriften und Fotokopien angewiesen war. Seine einstige Mitarbeiterin schreibt:"Ich erinnere mich deutlich eines Tages, an dem Max Herrmann eben zu solcher Einsichtnahme in die Staatsbibliothek ging. Ja, er ging: von der Eislebener Straße am Bahnhof Zoo bis Unter die Linden, denn die Benutzung von Bahnen aller Art war Juden verboten. Ich hatte ihn gebeten, ihn begleiten zu dürfen. Und es ist mir unvergeßlich, wie wir nicht durch den Tiergarten auf kürzestem Wege gehen konnten, weil Juden Grünanlagen nicht betreten durften. Umweg um Umweg mußten wir machen, weil ihm das Überqueren gewisser Straßenzüge verboten war. Die Benutzung einer Bank an irgendeiner Straßenseite war dem mit einem Stern Gezeichneten untersagt. Und so kam er nach mehr als zweistündigem Weg völlig erschöpft in der Ausleihe an. Ich sehe ihn noch, tief aufatmend, in eines der Ledersofas sinken - wenige Sekunden später kam ein Beamter der Ausleihe auf ihn zu und erklärte dem Fünfundsiebzigjährigen, er möge aufstehen, als Jude habe er nicht das Recht, irgendwo im Hause der Staatsbibliothek zu sitzen. Mit unnachahmlicher Hoheit und Würde erhob sich Max Herrmann und stellte sich nun an eines der Stehpulte, um dort mit eiserner Energie etwa dreiviertel Stunden stehend zu arbeiten und dann wieder auf sinnlosen Umwegen den über zweistündigen Rückweg anzutreten." Eine Woche vor dem Abtransport nach Theresienstadt konnte er sein Werk beenden; zwei Monate später, am 16. November 1942, kam der Gelehrte im Konzentrationslager um. Aus: W. Löschburg. Unter den Linden, Berlin (DDR) 1972, S. 233f. |
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"Es gab Beamte in den öffentlichen Verkehrsmitteln, die diese Fahrerlaubnis genau studierten. Es muß aber gesagt werden, daß diese in der Minorität
waren, denn die meisten betrachteten die
Extraschikane für die jüdische Bevölkerung als
unangebracht und überflüssig; sie winkten ab, wenn man ihnen den gelben Ausweis vor die Nase hielt. Natürlich konnte ein Schaffner nie wissen, ob er vielleicht beobachtet wird..."
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Dies ist eine polizeiliche Genehmigung, welcher jeder jüdische Bürger, der mit der Stadt- oder Strassenbahn fahren mußte, zu beantragen und dann bei jeder Fahrt bei sich zu tragen hatte. |