Blick vom Feuerwehrturm in Sathmar Klausenburg Frühstück in Michelsberg










Sommerschule in Sathmar, Klausenburg und Michelsberg (Rumänien)

Nach der Sommerschule in Deutschland fuhr die Gruppe gemeinsam nach Rumänien.
Hier standen folgende Institutsbesuche auf dem Programm:

1. Caritas Kreis Sathmar zum Thema "Soziale Gerechtigkeit"
2. Besuch des Gefängnisses von Gherla
3. Artemis zum Thema "Häusliche Gewalt"
4. Mindebomb zum Thema Umweltschutz in "Rosia Montana"
5. Prison Fellowship zum Thema "Haftbedingungen"

Caritas Kreis Sathmar Der erste Institutionsbesuch in Rumänien galt der Caritas im Kreis Sathmar. Die Caritas Satu Mare ist heute eine der wichtigsten Nichtregierungsorganisationen in den beiden rumänischen Landkreisen Satu Mare und Maramures, die Menschen in sozialer Not hilft. Die Organisation arbeitet mit verschiedenen Personengruppen: Senioren, Kranken, geistig und körperlich behinderten Menschen, Straßenkindern und Familien mit Sozialproblemen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfuhren von der vorbildlichen und in Rumänien einzigartigen Förderung von körperlich und geistig behinderten Kindern und Jugendlichen, von der Aktion "Fettes Brot", die armen Kindern und ihren Familien hilft, den kalten Winter in ihren unbeheizten und sanitär kaum ausgestatteten Wohnungen zu überstehen ebenso wie von den engagierten Bemühungen der Caritas, Straßenkinder und Kinder aus armen Romafamilien in die rumänische Gesellschaft zu reintegrieren.

Bahnhof in Gherla Gefängniseingang von Gherla Auf dem Weg nach Klausenburg wurde die Haftanstalt für Männer in Gherla besucht. Bei der Führung durch das Gefängnis erhielten die Jugendlichen einen sehr detaillierten Einblick in die Haftbedingungen vor Ort. Für die meisten Teilnehmenden war es der erste Besuch in einer solchen Einrichtung und vorher kursierten in der Gruppe die dunkelsten Vorahnungen über den schlechten Zustand von Haftanstalt und Gefangenen. Umso überraschender war dann (zumindest mit dem Blick von außen) die Erkenntnis, dass es sich in Gherla um ein Gefängnis handelt, das bezüglich räumlicher Konstitution, sozialer Betreuung der Insassen durch Schulbesuch und Arbeit, die Möglichkeit zum Gottesdienstbesuch in der anstaltseigenen Kapelle und die allgemeine Sicherheit den Vergleich mit westeuropäischen Haftanstalten nicht unbedingt zu scheuen braucht. Allerdings wies der Beamte, der die Gruppe führte, ausdrücklich darauf hin, dass das Gefängnis Gherla ein echtes Vorzeigegefängnis sei und die meisten rumänischen Gefängnisse diesen Standard noch lange nicht erreicht hätten. Bedrückend war der Blick in die Unterkünfte, wo teilweise bis zu 15 Häftlinge leben müssen und das Gespräch mit der Krankenschwester, die relativ unberührt von immer wiederkehrenden angeblichen "Simulanten" erzählte.

Willkommen in Cluj Napoca! In Cluj Napoca/Klausenburg erwartete die Gruppe ein sehr spannendes Gespräch mit den Aktivistinnen und Aktivisten der halboffiziell agierenden Vereinigung Mindbomb. Mindbomb engagiert sich zu zivilgesellschaftlich relevanten Themenfeldern, z. B. für eine wirksamere Bekämpfung der Korruption, für mehr Meinungsfreiheit im alltäglichen Leben und unterstützt gezielt Bürgerinitiativen für mehr Demokratie und Transparenz in Staat und Gesellschaft. Die Mindbomb-Mitglieder wollen andere Menschen dazu ermutigen, dass sie ihre Meinung auch öffentlich vertreten und Kritik am Staat ausüben, wo es nötig ist. Sie machen im öffentlichen Raum auf soziale, wirtschaftliche und politische Probleme aufmerksam, indem sie diese visuell darstellen. Das bedeutet: Zu jeder Problematik, die Mindbomb thematisieren will, wird ein künstlerisch-provokatives Bild im Plakatstil entworfen und anschließend zu einem bestimmten Zeitpunkt in verschiedenen Städten Rumäniens von den Mindbomb-Engagierten an öffentlichen Gebäuden per Graffiti angebracht.

Graffiti der Organisation Mind Bomb an einem öffentlichen Gebäude in Cluj gegen die Zerstörung des Gebirgsdorfes Rosia MontanaBekannt wurde Mindbomb vor allem durch seine Unterstützung der lokalen NGO Alburnus Maior, die sich für den Umweltschutz im Apusenengebirge und die Erhaltung des Dorfes Rosia Montana einsetzt. Hintergrund des Protestes ist die Absicht der kanadisch-rumänischen Firma Rosia Montana Gold Corporation (RMGC) von 2007 an rund um das Gebirgsdorf Rosia Montana, binnen 17 Jahren, vier Berge abzutragen und das dort vorhandene Gold mit hochgiftigem, umweltschädigendem Zyanid aus dem Gestein zu waschen. Die Mindbomb-Aktiven berichteten nicht nur von den Sachzusammenhängen zum Thema Rosia Montana sondern auch von Erpressungsversuchen und Drohungen der Firma den Dorfbewohnern gegenüber und auch von den wenig rühmlichen Vorgängerprojekten von Gabriel Corporation in Entwicklungsländern in Afrika und Lateinamerika. Zum Schutz der Aktiven von Mindbomb fand das Gespräch zwischen ihnen und der Gruppe im Deutschen Kulturzentrum statt. Fotos sollten aus dem gleichen Grund ebenfalls nicht gemacht werden. Die Brisanz der Thematik ist auch dank des sichtbaren Protestes von Mindbomb inzwischen in der breiten rumänischen Öffentlichkeit a ngekommen und wird kontrovers diskutiert. Zum glücklichen Zufall gab es am gleichen Tag, am dem das Gespräch mit Mindbomb stattfand, auch eine öffentliche Podiumsdiskussion, zu der alle beteiligten Seiten eingeladen waren. Fünf Jugendliche aus der Gruppe besuchten diese Veranstaltung, die noch einmal sehr klar die unterschiedlichen Lager und deren Positionen veranschaulichte und auch deutlich machte, wie viel Geld Gabriel Corporation zu investieren bereit ist, um die Öffentlichkeit für die eigenen Interessen positiv zu stimmen, z. B. durch gekaufte Zuschauer im Publikum und teure "unabhängige" Expertengutachten.

Nach dem sehr aufregenden Gespräch mit den Vertreterinnen und Vertretern von Mindbomb teilte s ich die Gruppe in drei Kleingruppen auf. Eine Gruppe ging zur beschriebenen öffentlichen Anhörung, eine Gruppe besuchte den Verein Artemis, der Frauen und Mädchen, die häusliche Gewalt erfahren haben, Schutz, Beratung und Hilfe gewährt und die dritte Gruppe traf sich mit dem Vorsitzenden der christlichen Vereinigung Prison Fellowship, die Gefangene in rumänischen Gefängnissen und deren Familien besucht und unterstützt und ehemalige Insassen nach der Entlassung bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft hilft. Hier war für die Jugendlichen insbesondere gut zu erleben, als wie wichtig die jeweilig Engagierten ihre Arbeit auch für die eigene persönliche Entwicklung erachteten. So sagte der Vorsitzende C. Asavoaiei über sein Engagement bei Prison Fellowship, "er sei ein besserer Mensch geworden" und er stehe als ehemaliger Gefängnisdirektor des Gefängnisses Gherla (!) nun auf der anderen Seite seiner früheren Betrachtungsweise und könne die Zusammenhänge nun wesentlich besser aus der Perspektive der Gefangenen betrachten. Umso bitterer war aber auch die Auskunft der bei Artemis engagierten Frauen, dass es für ihre Arbeit keinerlei staatliche Unterstützung gibt und das Angebot, das nun bereits seit fünf Jahren stark nachgefragt wird, aus finanziellen Gründen kurz vor seiner Einstellung steht.

Reiseimpressionen Reiseimpressionen Reiseimpressionen Reiseimpressionen






Im Anschluss an den Aufenthalt in Cluj Napoca/Klausenburg fuhr die Gruppe gemeinsam mit dem Bus nach Michelsberg bei Sibiu/Hermannstadt. Hier standen zweieinhalb intensive Ergebnisaufbereitungstage auf dem Programm, die der Auswertung der einzelnen Programmpunkte und der Erstellung eines Grundgerüstes für die Projekttage galten.

Gruppenarbeit zum Projekttagekonzept 'Minderheiten in der Gesellschaft' Erarbeitung des Projekttagekonzeptes zum Thema BildungIn Kleingruppenarbeit kristallisierten sich zunächst die Themenschwerpunkte: Minderheiten, Bildung und Flucht/Asyl heraus, zu denen nun Programme für Projekttage erstellt werden sollten. Die Jugendlichen sichteten noch einmal das Material, das sie bei den Institutionen gesammelt hatten und wählten inhaltliche Schwerpunkte und Methoden aus, die sie interessant fanden und im Verlauf der Sommerschule und während der Vorbereitungsphase selber erprobt hatten. Ausgehend von ihren eigenen Erfahrungen mit diesen Methoden wählten sie aus, welche davon sie mit anderen Jugendlichen im Rahmen der Projekttage durchführen wollten.

Konzeptvorstellung und Durchführung eines 'Probeprojekttages' Konzeptvorstellung und Durchführung eines 'Probeprojekttages' Zudem wurde diese Arbeitsphase zur Gelegenheit für jede/n selbst, die entsprechenden Methoden in der großen Gruppe anzuleiten, so dass die Jugendlichen hier erste Erfahrungen in der Durchführung von Projekttageeinheiten sammeln konnten. Auf diesem Wege konnte eine gute Grundlage für die Weiterarbeit auf dem Nachbereitungsseminar geschaffen werden.

Abschied auf dem Bahnhof in Copsa Mica