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Die Heinrich-von-Treitschke-StraßeWer weiß schon jeden Namensgeber der Berliner Straßen zuzuordnen? Die Treitschkestraße in Steglitz-Zehlendorf ist ein gutes Beispiel dafür. "Berliner Historiker und Mitglied des Reichstags" steht auf dem kleinen Blechschild über dem Straßennamen. Mit diesen notdürftigen Informationen gibt man sich meist zufrieden, weil alles, was man von dem Namensgeber dieser Straße weiß, von einem solchen kleinen Erklärungsschild stammt. Doch ab und zu macht sich jemand die Mühe und recherchiert, was die geehrte Person getan hat um jetzt eine "eigene" Straße zu haben. Im Falle der Treitschkestraße lösten die Ergebnisse einer solchen Recherche allerdings eine nicht enden wollende Diskussion über eine Umbenennung aus. |
Heinrich von TreitschkeDer Geschichtsprofessor Heinrich Gotthard von Treitschke (1834-1896) löste 1879 mit der Veröffentlichung seines antisemitischen Aufsatzes "Unsere Aussichten" eine Kontroverse aus, die die deutsche Gesellschaft spaltete.Durch seine brillante Rhetorik und sein schriftstellerisches Talent schaffte es Treischke, den Antisemitismus auch für das gebildete Bürgertum aktzeptabel zu machen. Er versuchte die Gesellschaft nach der Gründung des 2. Deutschen Reiches (1871) neu zu definieren, wobei er zu "unbedingter Treue zu Krone und Reichsregierung", "Erhaltung des politisch-sozialen status-quo" und kulturell-ideologischer Geschlossenheit des deutsche Volkes" aufrief. |
Der moderne AntisemitismusJudenfeindschaft war kein neues Phänomen. Die moderne Form, der Antsemitismus entwickelte sich gegen Ende des 19. Jahrhundert. Treischke war, neben zahlreichen anderen Personen des öffentlichen Lebens, einer der aktivsten Verfechter des Antisemitismus. Die Unterschiede zum jahrhundertelangen Judenhaß und modernen Antisemitimus waren vielfältig. Der alte christliche Judenhaß war religiös begründet, d.h. das sich Vorurteile gegenüber Juden neben Unwissenheit hauptsächlich aus religiösen Motiven bezogen ( z.B. "Jesusmörder"). Zynisch betrachtet lies sich das sogenannte "Judenproblem" durch Taufe beheben. Der moderne Antisemitismus untermauert seine Thesen durch pseudo- wissenschaftlichen "Rassentheorien". Das Judentum wurde nicht als Religion sondern als "Rasse" angesehen, mit angeborenen, negativen Eigenschaften, wie z. B. Habgier, Faulheit, Listig, und verschlagen, Intregant ect. Somit waren Juden für sämtliche soziale und kulturellen Mißstände in der Gesellschaft verantwortlich. Teischke un Co. sahen in Juden die eigenliche Gefahr des Reiches. Berliner Antisemitismusstreit erreichte seinen Höhepunkt und Treitschke verlor scheinbar gegen seinen Gegner Theodor Mommsen, doch machte Treitschke den Antisemitismus in Deutschland gesellschaftsfähig und gilt heute als einer der wichtigsten Wegbereiter für den Nationalsozialismus. |
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Versuch einer UmbenennungEs ist also verständlich, dass eine Umbenennung in Kurt-Scharf-Straße verlangt wurde und immer noch wird. Kurt Scharf war in der Bekennenden Kirche aktiv, Berliner Bischof und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland und predigte wöchentlich in der Patmos-Gemeinde an der Treitschkestraße. Die Umsetzung einer solchen Umbenennung erweist sich aber schwierig. Nachdem sämtliche Hürden der Bürokratie überwunden waren und der Antrag bewilligt wurde, wurde alles aufgrund der Bezirksfusion wieder rückgängig gemacht. Nun stellen sich CDU und FDP quer, keine Institution und kein Politiker fühlt sich zuständig und so versiegt der Antrag zur Umbenennung trotz Unterstützung von prominenter Seite in den ewigen Jagdgründen der Schreibtischtäter und Bürokraten. |