"Es war ein gutes Gefühl, wieder den eigenen Namen tragen zu können"

Als nächstes versuchte Schwersenz, Kontakte zu Freunden aufzunehmen, die es geschafft hatten, aus Deutschland zu fliehen:

Von allen Seiten bekam ich freudige Antworten. [...] Eine ganz besondere Freude war es, dass bald die ersten Grüße aus Palästina für mich eintrafen [...]. Akiva Lewinsky [...] sandte mir ein persönliches Begleitschreiben, Akiva, der unser Kadima - Lied verfaßt hatte, das wir so gern und oft gesungen hatten, und das besonders auch Edith Wolff in den schwersten Zeiten noch Lebensmut gegeben hatte.
Was konnten wir für Ewo tun???

Der Wunsch, Edith Wolff endlich aus den Händen der Gestapo zu befreien war groß. Der Idee folgte die Tat. Die Freunde wandten sich an die Botschaft von San Salvador, wo sich Dank eines Paßfotos von Edith Wolff, das Schwersenz bei sich trug, eine Urkunde erstellen ließ, die sie als eine Angehörige dieses mittelamerikanischen Staates ausgab. Die Papiere wurden nach Berlin zu Edith Wolffs Mutter gesandt. Sie fürchtete jedoch, die Situation ihrer Tochter durch dieses riskante Manöver zu verschlimmern und reichte deshalb die Urkunde nicht ein. Erst 1945 wurde Edith Wolff von den Amerikanern befreit.
Mit Nathan Schwalb aus dem Genfer Büro Mit Hilfe Nathan Schwalbs nahm Jizchak Schwersenz ein Studium der Fächer Geschichte, Geographie und Pädagogik an der Züricher Universität auf. Erst dadurch konnte er das Flüchtlingslager verlassen. Nach seinem Abschluß 1949 arbeitete er als Lehrer bei der israelitischen Kultusgemeinde Zürich. Bereits während des Studiums war er Mitbegründer des zionistischen Bund jüdischer Pfadfinder der Schweiz.

Ich hatte erkannt, wie wertvoll die bündische Gemeinschaftserziehung war, ja, daß viele der Kenntnisse und Fähigkeiten, die uns zum Überleben geholfen hatten, aus dieser Erziehung stammten.

1946 erhielt Jizchak Schwersenz eine weitere Aufgabe. Ihm wurde die Betreuung einer Gruppe jüdischer Kinder anvertraut. Diese Kinder waren polnischer Herkunft und hatten nach dem Tod ihrer Eltern im Wald versteckt gelebt. Nach Ende des Krieges waren sie im Durchgangslager Bergen-Belsen untergebracht worden. Sie hatten nie gelernt, ein normales Leben zu führen:

Sie zogen sich anfangs für die Nacht nicht aus, sondern blieben auf ihren mitgebrachten Köfferchen sitzen, um zu schlafen, immer noch in der Befürchtung, daß sie weggeschleppt oder ihre Sachen ihnen jäh entrissen werden könnten [...] Es war eine schwere Arbeit. Allmählich aber gelang es, durch Liebe und Verständnis das Zutrauen der Kinder zu gewinnen.

Mehrmals mußte sich Schwersenz um die Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung bemühen:
Schon als ich 1948 auf die Züricher Fremdenpolizei kam, um die Aufenthaltserlaubnis noch einmal zu verlängern, meinte der Beamte: „Was machen Sie denn immer noch hier? Die Juden haben doch jetzt ein Heimatland!" Wie oft bei solchen Äußerungen reagierte ich zunächst empfindlich. Aber: Der Mann hatte recht.